Wie lebt es sich heute als Schlossherr oder Schlossfräulein? Johannes Graf Khuen-Belasi und Maria Gräfin Khuen-Belasi über ihr Schloss Englar, das auf einer Anhöhe oberhalb von Eppan thronend abenteuerlustige Gäste zu ganz persönlichen Entdeckungsreisen einlädt.
Historic: Wie wird man Schlossherr oder Schlossfräulein?
Johannes Graf Khuen-Belasi und Maria Gräfin Khuen-Belasi
Gastgeber im Schloss Englar
Johannes Khuen-Belasi: (lacht) Das überfällt einen – aber in den meisten Fällen ist man hineingeboren, auch in die Verantwortung. Schlossherr zu sein ist ein Teil der Familiengeschichte und wenn es einem Freude macht, ist es natürlich auch etwas Schönes.
Maria Khuen-Belasi: Die Freude rührt daher, dass man das Schloss für andere Menschen öffnet. Ihre Freude ist für uns wiederum Anlass zur Freude. Weil man die Schönheit des Ortes wieder bewusst wahrnimmt.
Johannes Khuen-Belasi: Außerdem sind große Häuser wie dieses gemacht für viele Leute. Sie waren immer sehr belebt und funktionieren nur gut, wenn viele Leute da sind.
Ihre Familiengeschichte geht viele Jahrhunderte zurück. Können Sie uns darüber etwas erzählen?
Johannes Khuen-Belasi: Okay, haben Sie bis abends Zeit? (lacht)
Das Schloss Englar ist das besterhaltene gotische Schloss Südtirols.
Vielleicht ist es einfacher, wenn wir uns am Schloss orientieren. Wie kommt es dazu, dass Schloss Englar hier steht und dass Sie hier wohnen?
Johannes Kuen-Belasi: Die Familie Khuen tritt zum ersten Mal auf um das Jahr 1100. Damals waren sie Vasallen in Diensten des Landesherrn. Ihre Aufgabe war es, für ihn Funktionen zu übernehmen. Heute würde man sagen: Beamte. Um sich wirtschaftlich zu erhalten, erhielten sie Herrschaften, dazu Häuser, die sie zu Schlössern umbauen durften. Anfangs war das Schloss also nur ein Wohnort für jemanden mit einer bestimmten Funktion, eine Wohnung für einen Dienstboten, könnte man fast sagen. Es war damals auch sehr klein: Ursprünglich stand hier nur ein Turm, fünf mal fünf Meter, sehr kalt und nicht heizbar. Später wurde an den kleinen Turm der gotische Teil angebaut, der heute dank seines hohen Daches heraussticht. Der heutige Hoteltrakt, wo wir jetzt sitzen, wurde 1520 erbaut. Über die Firmian kam das Schloss dann über ein paar Hochzeiten in unsere Familie. Heute ist es das besterhaltene gotische Schloss Südtirols.
Das heißt, Ihre Familie lebt hier seit 1600?
Johannes Kuen-Belasi: Ja, genau.
»Der Gast muss ein bisschen abenteuerlustig sein, ein bisschen erfinderisch und selbständig.«
Schloss Englar
Im besterhaltenen gotischen Schloss Südtirols ist seit Jahrhunderten das vornehme Leben zuhause.
Worin besteht die besondere Herausforderung, ein solches Schloss zu erhalten?
Johannes Khuen-Belasi: Man ist nie fertig (lacht). Im Haupthaus, in den umliegenden Gebäuden, in der Kirche, die auch zum Haus gehört, tun sich über Jahrzehnte ständig Baustellen auf …
Maria Khuen-Belasi: … dadurch kommt man aber auch immer wieder auf neue Ideen. Es ist viel Arbeit, aber es ist auch ein Träumen, was man selbst und was die Nachkommen alles machen könnten.
Johannes Khuen-Belasi: Tatsächlich muss jede Generation die sinnvolle Nutzung des Hauses selbst neu entdecken.
Maria Khuen-Belasi: Das ist ganz wichtig für das Glücklich-Sein der Generationen, dass sie wirklich frei sind, morgen zu sagen: Jetzt machen wir alles ganz anders.
Was schätzen die Gäste an ihrem Haus am meisten?
Maria Khuen-Belasi: Ich glaube, sie schätzen die lebendige Geschichte und die Tatsache, dass wir wenige Zimmer haben. Wenn sie das große Haus sehen, sind immer alle erstaunt, dass wir nur acht Zimmer haben. Das ist schon ein Luxus.
Johannes Khuen-Belasi: Der Gast muss ein bisschen abenteuerlustig sein, ein bisschen erfinderisch und selbständig. Hier kann man viele Sachen entdecken, aber die sind nicht beschrieben. Es gibt die Kirche, es gibt den großen Grund, es gibt dahinter die Mühle und etliche schöne Aussichtspunkte in den Weinbergen. Aber man muss schon selbst finden, wo es am schönsten ist.
Maria Khuen-Belasi: Wenn man hereinkommt, dann macht man eine kleine Zeitreise ins Mittelalter – da ticken die Uhren wirklich anders. Auch die Hühner machen viel aus, wenn man sieht, wie sie in der Sonne ein Sandbad machen … Das hat auch den Effekt, dass man herunterkommt.
Was schätzen Sie am Gastgeber-Dasein umgekehrt am meisten?
Maria Khuen-Belasi: Dass man das Schloss noch einmal mit anderen Augen sieht, dass man es neu entdeckt.
Johannes Khuen-Belasi: Das Schöne ist es, das mit dem Gast zu teilen. Das Haus ist zu groß für eine Familie, man muss es für andere öffnen. Aber wir sind nicht nur ein Hotel – das macht den besonderen Charme aus: Wir wohnen selbst hier mit unserer Familie, meine Mutter wohnt hier, die Angestellten wohnen hier, es sind die Tiere am Hof.
Maria Khuen-Belasi: Zu Weihnachten ist die ganze Großfamilie hier. Das hat zur Folge, dass man es so einrichtet, wie man es auch selbst gerne nutzt.
Johannes Khuen-Belasi: Das merkt auch der Gast, dass er hier in eine private Atmosphäre eintaucht. Er merkt, das ist nicht nur Hotel, sondern anders und ein bisschen mehr.
Schloss Englar
Pigeno 42
39057 St. Michael - Eppan, Südtirol
+39 0471 662 628
schloss-englar.it